Archiv 2009
TanzRäume Unterwegs in NRW
Wir freuen uns über das große Interesse, das unserem Ferien-Freizeit-Angebot entgegengebracht wurde. Die TanzRäume Unterwegs gastierten unter anderem in Dortmund, Hattingen und Gelsenkirchen. Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer workshops waren BewohnerInnen von stationär betreuten Wohneinrichtungen, ambulant betreute behinderte Menschen und MitarbeiterInnen aus WfbM's.
In jedem unserer workshops führte die Reise „Von der Körpererfahrung in den tänzerischen Ausdruck“ und wieder hatten wir Gelegenheit, Menschen unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlichen Behinderungsbildern kennen zu lernen. Mag die Sensibilisierung der Sinne und mögen die Sinneserfahrungen am eigenen Körper dem einen oder der anderen auch zuerst etwas befremdlich erscheinen, so machen wir doch immer wieder die Erfahrung, dass die angemessene Vorbereitung auf den künstlerischen Schaffensprozess die unbedingte Voraussetzung für die kreative Arbeit mit dem eigenen Körper darstellt.
Dem psychisch oder geistig behinderten Menschen fällt der Kontakt mit seinem eigenen Körper oftmals nicht leicht und die kreative Arbeit im darstellenden Bereich ist gerade den Männern eher unbekannt und sie machen sich Sorgen darum, wie sie vor den anderen erscheinen und was sie im Rahmen eines solchen workshops für „Leistungen“ erbringen müssen.
Wenngleich wir meist in einer Veranstaltung mit mehr Frauen als Männern zusammen arbeiten, so zeigt sich doch bei den männlichen Teilnehmern in gleicher Weise wie bei den Frauen, dass es genauso wenig auf das Geschlecht wie auf das Alter oder das Behinderungsbild ankommt, was wir am Ende des workshops erarbeitet haben.
Darum blicken wir auf ein gelungenes Ferien-Freizeit-Angebot zurück, das jedes Mal mit einer Präsentation unserer Arbeitsergebnisse, an einigen Orten sogar vor Publikum, seinen erfolgreichen Abschluss fand. Wir möchten uns ganz herzlich bei unseren Ansprechpartnern und Auftraggebern in den Einrichtungen dafür bedanken, dass Sie die Entschlossenheit hatten, ihren Betreuten und Klienten diese Erfahrung zu ermöglichen.
Wo die Betreuerinnen selbst die Gelegenheit wahrnahmen, den workshop zu begleiten und selbst daran teilzunehmen bedanken wir uns für das Engagement, mit dem wir unterstützt wurden und haben mit großer Freude die wertschätzenden Rückmeldungen zu unserer Arbeit aufgenommen.
Integrative Tanz-Performance-workshops
im Berufskolleg Dortmund
Am 20. Juni 2009 fand unser dritter und vorerst letzter integrativer workshop am Gisbert-von-Romberg Berufskolleg statt. Behinderte und nichtbehinderte Menschen erarbeiteten im workshop 4 Performances, die am Ende der Veranstaltung zur Aufführung gebracht wurden.
Die meisten der TeilnehmerInnen waren uns bereits aus einem der beiden vorangegangenen workshops bekannt, andere waren zum ersten Mal dabei. Alle Veranstaltungen waren geprägt durch den integrativen Ansatz einer Begegnung zwischen Behinderten und nicht behinderten Menschen im Rahmen der Arbeit an einem gemeinsamen künstlerischen Ziel.
Die HeilerziehungspflegerInnen werden in ihrer 2-jährigen Ausbildung für die (pflegerische) Arbeit am behinderten Menschen ausgebildet und auf den professionellen Umgang mit diesen Menschen vorbereitet. Die BewohnerInnen von Behinderteneinrichtungen erfahren sich in erster Linie als Betreute in ihren Wohngemeinschaften bzw. betreuten Wohnformen und in den Werkstätten für behinderte Menschen.
Dort wird in immer größerem Maße an den Möglichkeiten einer zunehmenden Verselbständigung der seelenpflegebedürftigen Menschen gearbeitet und sie erfahren Unterstützung bei der Entwicklung ihrer Willensbildung und Entscheidungsfindung für die Bewältigung von Anforderungen aus ihrem Lebensalltag und Erwartungen, die die nicht behinderte Gesellschaft an sie stellt.
Wir sind überzeugt von der stärkenden, motivierenden und entwicklungsförderlichen Wirkung künstlerischen Schaffens in all ihren Ausprägungen. Ganz besonders sehen wir die Möglichkeiten der Begleitung von Entwicklungsprozessen in einem gruppendynamischen Umfeld, wo behinderte und nichtbehinderte Menschen aufeinander treffen, Möglichkeiten und Grenzen des eigenen Bewegungsapparates erforschen können und die Gruppe an die gemeinsame Erarbeitung eines künstlerischen Zieles herangeführt geführt wird.
Die künstlerische Arbeit im Hinblick auf einen Abschluss ist hervorragend dazu geeignet, den Fokus der Zusammenarbeit von BetreurInnen und Betreuten auf ein gemeinsames Ziel zu lenken und dadurch Brücken der Kommunikation und des Verständnisses zu bauen. Unsere Erfahrung in der Arbeit mit Behinderten unterschiedlichen Alters und verschiedenster Beeinträchtigung beweist immer wieder aufs Neue, dass diese Menschen von der Erkundung der Möglichkeiten aus dem Bereich von Bewegung, Tanz und Körpersprache ganz besonders fasziniert sind, sich darauf freuen und mit großem Einsatz und Schaffenskraft die Aufgabe angehen.
Wir haben im Anschluss an unsere workshops mit großer Freude feststellen dürfen, dass die HeilerziehungspflegerInnen des Berufskollegs sich in gleicher Weise auf die tanzimprovisatorische Arbeit eingelassen haben, wie die BewohnerInnen der AWO-Gemeinschaften. Diejenigen TeilnehmerInnen, die zum wiederholten Male am workshop teilgenommen haben, fragten schon während der Arbeit danach, ob es denn am Ende auch wieder zu einer Präsentation mit Requisiten kommen wird. Im Wissen um die bevorstehende Präsentation liegt eine Herausforderung für alle Beteiligten, sich in den Entstehensprozess des Projektes zu integrieren.
Inklusion durch künstlerisches Schaffen.
Lehrerfortbildung in der Max-Wittmann-Schule in Dortmund
Im Mai 2009 waren die TanzRäume Unterwegs zu Gast bei der Max-Wittmann-Schule in Dortmund. 14 SonderpädagogInnen nahmen an unserem workshop "Von der Körpererfahrung in den tänzerischen Ausdruck" teil". Die LehrerInnen hatten Gelegenheit, die Arbeitsweise der TanzRäume Unterwegs kennen zu lernen und Anregungen für Ihren Unterricht mit geistig behinderten Jungen und Mädchen zu sammeln.
Tanztheater-Projekt mit Studierenden der Universität Dortmund
Im Rahmen des Seminars Musik-Theater-Tanz (Lehrstuhl Musik in der Fakultät Rehabilitationswissenschaften) unter der Leitung von Frau Dr. Eva Krebber-Steinberger haben wir unseren integrativen Tanztheater-workshop mit dem Ensemble des Christopherus-Hauses stattfinden lassen.
Die Studierenden lernten die Arbeitsweise des Ensembles kennen. Sich wiederholende Einheiten zur Beschäftigung mit dem eigenen Körper stehen am Anfang jeder Arbeitseinheit und auch jedes workshops. Wir nehmen uns Zeiträume, in denen wir durch vorbereitende Körperarbeit das Bewusstsein für Bewegung entstehen lassen. Die Sensibilisierung der Sinne ist hier wie dort die entscheidende Voraussetzung für den Prozess des Einlassens auf die Reise tänzerischer Erkundungen.
Das Thema unseres Tanztheaterworkshops lautete "Winter" und gab uns sowohl das imaginäre Bild und eine Vorstellungshilfe zu dieser Jahreszeit, als auch die unmittelbaren Sinneserfahrungen vor Ort. Folglich arbeiteten wir draußen, wo der kalte Schnee lag und die Umgebung in Dunkelheit gehüllt war, als auch drinnen in der beheizten und warmen Stube.
Mit den so unmittelbar erfahrenen Qualitäten wie z. B. kalt/warm, eng/weit, Innen- und Außenräume wurde experimentiert und diese zu tänzerischen Bewegungen und Ausdruck gebracht. Im integrativen Prozess und Austausch der Studierenden und den Tänzern des Ensembles vom Christopherus - Haus entwickelte sich eine hohe gegenseitige Wahrnehmung, Achtung und Wertschätzung.
Durch diesen Prozess der intensiven Erarbeitung und Offenheit für einander wuchsen beide Gruppen zu einer einzigen produktiven und bewegten Gruppe zusammen, bei der jede Person ihre ganz individuellen Ideen, Impulse und Ausdrucksformen einbringen konnte. Im Ergebnis entstand eine zweiteilige Performance, in der unsere Raum- und Körpererfahrungen tänzerisch zum Ausdruck gebracht werden konnten.
Die prozessorientierte Erarbeitung und abschließende Aufführung war ein Stück gelebte Integration bei gegenseitiger emotionaler, sozialer und künstlerischer Bereicherung.